Falsche Schlange
Kriminalkomödie von Alan Ayckbourn
Wer ist die falsche Schlange? Wer versucht sich wie das Vermögen eines Verstorbenen unter den Nagel zu reißen? Sind es dessen ungleiche Töchter Annabel und Miriam? Oder ist es die Krankenschwester Alice, die den garstigen Alten bis zu seinem Tod gepflegt hat? Die Pflegerin behauptet gar, dass Miriam ihren Vater um die Ecke gebracht hat und verlangt 100.000 Pfund Schweigegeld. Was wiederum jede Menge kriminelle Energie in den Schwestern freisetzt …
Ein explosiver Cocktail, den Komödien-Altmeister Alan Ayckbourn in „Falsche Schlange“ angerührt hat. Und der Zuschauer kann lange nur spekulieren, welches Ende die mörderische Geschichte findet. Eine Geschichte, die so turbulent und schwarzhumorig ist, dass man auch Alfred Hitchcock dahinter vermuten könnte. Aber nicht Hitchcock, sondern Sir Alan Ayckbourn, geboren 1939 in London, hält den Cocktailmixer in Händen. Der 85-Jährige ist laut der internationalen Wochenzeitung The Economist „Großbritanniens populärster Gegenwartsdramatiker“. Für seine inzwischen weit über 80 Stücke ist er mehrfach ausgezeichnet worden. Übersetzt wurden sie in über 30 Sprachen, einige wurden von weltberühmten Regisseuren wie Alain Resnais verfilmt.
Es spielen: Claudia Bannwitz, Simone Seebacher und Elena Väth
Regie, Bühne & Kostüme: Jürgen Overhoff
Fotos: Mike Lörler



Gelungene Inszenierung von Alan Ayckbourns schwarzer Krimikomödie »Falsche Schlange« im Aschaffenburger Erthaltheater
»Ich liebe dich«, sagt Miriam Chester zu ihrer Schwester Annabel. Sie steht hinter ihr, die Hände um Annabels zarten Hals gelegt und das clownesk überschminkte Gesicht zu einem bösen Grinsen verzogen.
Von Schockmomenten wie diesem lebt die aktuelle Inszenierung von Alan Ayckbourns Kriminalkomödie »Falsche Schlange« am Aschaffenburger Erthaltheater. Das Premierenpublikum am Samstagabend hat sich gern begruseln lassen von der gelungenen Umsetzung der rabenschwarzen Geschichte, die mit bitterem Humor gewürzt ist. […]
Den drei Darstellerinnen gelingt es perfekt, die Frage nach der tatsächlichen falschen Schlange in ihrem Kreis (fast) bis zum Schluss ungeklärt zu lassen. Stattdessen tritt eine weitere Figur immer mehr in den Vordergrund: Annabels und Miriams Vater, der Besitzer des Anwesens. Er ist kürzlich gestorben, doch seine Verbrechen manifestieren sich weiter.
Der Darstellerin Claudia Bannwitz – in stimmig greller Maske und treudoofem Mädchen-Kostüm – gelingt eine faszinierende Verwandlung vom anfangs tollpatschigen Dummchen zum Psycho-Monster. Wunderbar auch der schnelle Wechsel von herzlicher Leutseligkeit, mit der sie ihr Opfer in Sicherheit wiegt, zum eiskalten Töten.
Schauspielerin Simone Seebacher zeigt beeindruckend ihre leise Seite im Gespräch mit der Schwester, die sie allmählich als das erkennt, was sie ist: kriminell. Auch die Hilflosigkeit und Zerbrechlichkeit der Schwerkranken setzt Seebacher überzeugend um. Ansonsten schöpft sie wieder aus ihrem großen Repertoire des kraftvollen Zuspitzens von Aggressionen. »Nenn mich nie wieder Annabel!«, schleudert sie Miriam entgegen und entfesselt eine Hasstirade auf den Vater, der sie auf dem Tennisplatz quälte, bis sie von den Bällen mit blauen Flecken übersät war.
Ein stimmiges Trio mit den beiden erfahrenen Kolleginnen bildet die junge Schauspielerin Elena Väth. Geschmeidig und hübsch wie ein Kätzchen kann sie verführen, intrigieren und blitzschnell Krallen zeigen und zuschlagen. Ihr doppelbödiges Spiel als Giftleiche wurde zum Teil als Video an die Bühnenrückwand projiziert.
MELANIE POLLINGER, Main-Echo 20.1.2025